Ingwer ist ohne jeden Zweifel ein spannendes Gewürz — als Knolle im Allgemeinen und in flüssiger Form im Besonderen. In letzterem Aggregatzustand wird es aber leider etwas unübersichtlich für die Kunden, in welcher Form und vor allen Dingen in welchen Anteilen Ingwer in bestimmten Getränken enthalten ist. Daher widmet sich dieser Blogeintrag einer kleinen Warenkunde der flüssigen Verarbeitungsprodukte der Ingwerknolle.
Allen Ansätzen ist gemein, dass man dem Ingwer seine Wirkstoffe entziehen und in eine flüssige Form überführen möchte. Hierfür gibt es grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten: die Pressung oder die Extraktion.
Pressung bedeutet, dass man versucht, die festen und flüssigen Bestandteile der Knolle, also den Saft und das Gewebe, zu trennen. Hierzu an anderer Stelle unter diesem Blog mehr.
Die andere Möglichkeit ist die Extraktion: hier wird über ein Lösungsmittel genutzt, um die gewünschten Stoffe aus dem Medium, hier der Ingwerknolle, aufzunehmen und zu binden. Ein einfaches und weithin verfügbares Lösungsmittel wäre bspw. Wasser, das in Form eines Tee-Aufgusses für einen wässrigen Auszug genutzt wird.
Ingwerextrakt ist eine beliebte Zutat in der Lebensmittelindustrie. Er ist billig, einfach zu verarbeiten und trägt immerhin “Ingwer” im Namen. Gewonnen wird Ingwerextrakt, indem der Ingwertrester (d.h. die Überreste der Saftproduktion) mit Wasser und Enzymen angesetzt und nochmalig gepresst wird. Das Produkt ist immerhin noch mäßig scharf aber nur schwach aromatisch, jedoch aufgrund seiner Stärkefreiheit (durch die enzymatische Behandlung) gut für die Verarbeitung und Abmischung in größeren Tanks und Rohrleitungsanlagen geeignet. Und sogar ein berühmter TV-Köche arbeitet mit Ingwerextrakt, indem er es in Wasser (nein, kein Mineralwasser!) mischen (lässt) und dieses dann für knapp 4€/Liter verkaufen (lässt) — Chapeau!
Ingwersirup erhält man, indem die Ingwerknolle zerkleinert, mit Wasser aufgießt und ca. 25 Minuten gekocht und anschließend abgeseiht wird. Danach wird der Ansatz mit der gleichen Menge Zucker (alternativ Honig) versetzt und erneut ca. 25 Minuten gekocht. Das Ergebnis ist ein scharfer, je nach Ingwersorte aromatischer und (durch den hohen Zuckergehalt) haltbarer, zähflüssiger Sirup, der sich zum Süßen von Speisen und Getränken eignet. Aufgrund des hohen thermischen Stresses während der Herstellung können bei diesem Verfahren die Inhaltsstoffe nur eingeschränkt konserviert werden, ein Großteil geht verloren.
Konzentrat im Sinne des Lebensmittelrechts ist ein Saft, dem (zumeist auf thermischem Wege) das Wasser entzogen wurde, der also aufkonzentriert ist. Zu einem späteren Zeitpunkt (meist nach einem längeren Transport) wird dann wieder die identische Menge Trinkasser zu dem Konzentrat gegeben und man erhält so bspw. Apfelsaft aus Apfelsaftkonzentrat. Beim Ingwer scheinen einige Anbieter hier ihre eigene Interpretation des Begriffes Extrakt definiert zu haben, denn sämtlichen Ingwerextrakte die (online) erhältlich sind, wurde zwar Wasser zugesetzt, jedoch ohne dass ihnen zuvor welches entzogen worden ist. In anderen Worten: Hauptbestandteil dieser Ingwerextrakte ist nicht etwa Ingwer, sondern Wasser — häufig leider auch in Kombination mit einer fehlenden Angabe zum tatsächlichen Ingwergehalt. Rechnet man den zugesetzten Wassergehalt aus den Produkten heraus, bewegen sich die Extrakte nicht selten im dreistelligen (!!!) Euro-Bereich. Also: Augen auf beim Ingwer(extrakt)kauf! — Oder doch gleich lieber SAFT kaufen!